Events und dynamische Preise in Hotels

Umsatzplus durch dynamische Preisanpassungen

Biathlon- und Freestyle-WM im Winter, ESC im Frühjahr, Fussball-EM der Frauen – die Schweiz trägt 2025 eine Reihe von Grossevents aus. Die Nachfrage an den Veranstaltungsorten wird jeweils besonders gross sein. Wie aber nutzen Unternehmen die Gunst der Stunde? Hotels setzen auf Dynamic Pricing.

Artikel von Andreas Lorenz-Meyer, erschienen am 28. Januar 2025 in der HTR

Die alpine Ski-WM 2017 fand in St. Moritz statt, Markus Hauser vom Hotel Hauser hat sie in guter Erinnerung. «Solche Events bieten die Gelegenheit, neue Gästegruppen zu erschliessen, die Nachfrage zu steigern und auch die Preise zu erhöhen.» Nun findet im März die Freestyle-WM im Engadin statt. Diese sei schwierig einzuordnen, da für Freestyle-Events noch Erfahrungswerte fehlten. Zudem habe Freestyle nicht die gleiche Ausstrahlungskraft wie der alpine Skisport. Das Datum in der zweiten Märzhälfte sei jedoch ideal. «Üblicherweise lässt die Nachfrage im Engadin ab Mitte März nach. Auch in diesem Winter sieht es danach aus.»

Punkto Umsatzsteigerung setzt der 80-Betten-Betrieb auf Dynamic Pricing. Das heisst, die Preise werden in Echtzeit der Marktsituation angepasst. Seit zwei Jahren ist dafür das Schweizer Revenue- Management-System Room Price Genie im Einsatz. «Wir fahren gut damit. Auch dank Software konnten wir den Durchschnittspreis und damit den Umsatz deutlich erhöhen.» Das funktioniere, weil Algorithmen bei der Preissteuerung auch die Auslastung berücksichtigten.

Früher seien die Preise bei plötzlichen Veränderungen, etwa Absage mehrerer Zimmer, oft nicht angepasst worden. Dadurch sei Umsatz verloren gegangen. Heute laufe die Anpassung an die Auslastungssituation automatisiert. «So haben wir fast immer den richtigen Preis.» Das werde während der Freestyle-WM auch so sein. Den Mindestpreis habe man für den Event leicht erhöht, die Mindestaufenthaltsdauer etwas verlängert. Den Rest, so Hauser, erledige die Software.

Bis zu zwölf Monate Vorbereitungszeit sind notwendig, um strategisch arbeiten zu können

«Ohne Dynamic Pricing würden wir entweder zu schnell zu einem zu tiefen Preis ausgelastet sein oder eine zu tiefe Auslastung erhalten, wenn wir einen zu hohen Preis haben», sagt Raphael Simcic, Managing Director SUM Hospitality und Revenue-Management-Partner des Arosa Vetter Hotel. Somit sei eine dynamische Preisgestaltung nicht nur sinnvoll, sondern existenziell.

Simcic findet das Zusammenspiel von Tools wichtig. Das Hotel Vetter arbeitet mit Room Price Genie und zusätzlich mit dem Benchmarking-Tool STR, das Markt- und Wettbewerbsanalysen liefert. «Gleichzeitig analysieren wir interne PMS- und POS-Daten, Informationen aus den OTAs und Wetterdaten.»

Die Distributionsstrategie spiele auch eine Rolle, so Simcic weiter. «Es geht nicht nur darum, zu welchem Preis wir verkaufen, sondern auch auf welchen Plattformen. Die Frage lautet also: Bei welchen Events platzieren wir zur richtigen Zeit das richtige Angebot im richtigen Kanal?» Hier sei eine gute Zielgruppenanalyse nötig.

Die Vorbereitung auf die Veranstaltung sollte idealerweise sechs bis zwölf Monate vorher beginnen, damit die Preisanpassungen strategisch und nicht reaktiv erfolgen könnten. Was tun kleinere Betriebe mit wenig Ressourcen? Auch sie könnten die Preise klug gestalten und so profitieren. Tools wie Room Price Genie seien kostengünstig und reduzierten den personellen Aufwand erheblich, da sie viele Prozesse automatisierten. Zudem brauche es für die Analyse regionaler Daten, zum Beispiel durch STR, kein tiefergehendes Know-how. Es lohne sich, so Simcic: Je nach Event und Region seien Umsatzsteigerungen von 10 bis 30 Prozent oder mehr möglich – besonders wenn Zusatzleistungen das Angebot ergänzten.

„Bei welchen Events platzieren wir das richtige Angebot zur richtigen Zeit im richtigen Kanal?“
Raphael Simcic, SUM Hospitality

Trotz aller Softwareunterstützung – der Mensch hat nach wie vor das letzte Wort

Auch die Meili Selection gestaltet die Preise bei Grossanlässen dynamisch. Das erledigt die Software Lybra RMS Assistent, die mit künstlicher Intelligenz datenbasierte Preisempfehlungen gibt. Sie analysiert in Echtzeit Buchungsdaten, Markttrends, Zahlungsbereitschaft der Gäste sowie Mitbewerberpreise. Saisonale Schwankungen werden ebenfalls berücksichtigt. «Die Daten sind Grundlage des Dynamic Pricing», sagt COO Monika Knezevic.

«Damit können wir unsere Preise flexibel der Marktnachfrage anpassen.» Bei hoher Nachfrage und grosser Kapazität steige der Preis. Wenn bei weiterhin starker Nachfrage nur noch wenige Zimmer verfügbar seien, stabilisiere das System die Preise. Ein ganz zentraler Punkt, so Knezevic. Die Preise dürften nicht zu sehr steigen, weil sonst Buchungen verloren gehen könnten. Die Übernachtung müsse für potenzielle Gäste finanziell attraktiv bleiben. «Das sichert den maximalen Umsatz während des Events.»

Knezevic betont, wie wichtig der Faktor Mensch bei allem sei. Zwar lasse sich die Komplexität der Preisfindung nur mit technischer Unterstützung managen, dennoch hätten die Revenue Manager das letzte Wort. «Sie entscheiden, ob die vom Revenue-Management-System vorgeschlagenen Preise akzeptiert werden oder nicht – und passen diese gegebenenfalls an.» Ergänzten sich Technologie und menschliche Expertise auf diese Weise, gebe es die besten Ergebnisse.

Preise nicht überziehen

Beim Event gibt es punkto Preis viel zu bedenken. Orlando Steiner von der Flimser Unternehmensberatung Quant kennt die Erfolgskriterien:

1. Preise frühzeitig vor dem Event anpassen und allenfalls mit Frühbucherrabatten starten. «Spätere Buchungen können teurer werden.»

2. Preise flexibel der Buchungslage anpassen. So werden Zimmer weder zu schnell noch zu günstig verkauft.

3. Zielgruppengerechte Buchungsbedingungen und/oder Angebote einstellen, etwa Premium-Pakete.

Zudem sollten Hotels nicht nur die hohen Übernachtungspreise für Zuschauer im Blick haben. «Bei einem Sportevent lohnt es sich, mit einem Organisationskomitee oder Sportteam feste Tarife und Kontingente auszuhandeln. Das schafft eine solide Grundauslastung.»

Zu vermeiden sind dagegen überzogene Preise, die negative Bewertungen nach sich ziehen. Auch ungünstig: statische Preise, da sie bei hoher Nachfrage Umsatzeinbussen verursachen.

Rechtliche Beschränkungen beim Event?

Grundsätzlich sind Hotels in der Preisgestaltung frei. Im schweizerischen Obligationenrecht wird in Artikel 21 jedoch die Übervorteilung geregelt, die ein Wuchergeschäft beschreibt. Dafür muss ein «offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung» vorliegen. Um die Vertragsfreiheit nicht zu stark einzuschränken, ist der Begriff «offenbar» wichtig. Zweite Voraussetzung: Der Übervorteilte muss in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt gewesen sein – davon ist bei einer Zimmerbuchung nicht auszugehen. Ein derart geschlossener Vertrag ist einseitig unverbindlich. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss erfolgen.

Passt der Grossanlass zum Hotel?

Revenue-Experte Orlando Steiner rät, unbedingt vorab eine Risikobetrachtung durchzuführen. Zu klären ist: Passt der Event zur eigenen Positionierung? Wie reagiert die Zielgruppe, die Stammkundschaft, wenn das Hotel mit einem Event wirbt, das nicht zu seiner Ausrichtung passt? Auch bezüglich Auslastung gilt es, auf Risiken zu achten: Vielleicht bringt der Event ein volles Haus, aber nur für ein, zwei Nächte. Verhindern also kurzsichtige Überlegungen eine bessere Auslastung zu einem eventuell sogar höheren Preis? Und im Umkehrschluss: Was passiert, wenn das Hotel zu lange wartet? Vergibt es damit die Chance auf Umsatzsteigerungen?

Zusammen gehts besser

Kooperieren bei Grossanlässen? Auf jeden Fall, so Orlando Steiner. Die Leistungsträger in den Destinationen sollten koordiniert vorgehen und gemeinsame Ziele definieren. Dies stärkt den Zusammenhalt und fördert eine effiziente Umsetzung des Vereinbarten. «Von einer abgestimmten und umfassenden Strategie profitiert die Destination als Ganzes, aber auch jedes einzelne Hotel.» Jedoch kann die Vorbereitung teils schwierig sein, da es gerade im Sportbereich viele Vorgaben von internationalen und nationalen Verbänden gibt – diese sollten Hotels kennen und berücksichtigen.